EU-Vorstöße und die digitale Abhängigkeit Deutschlands

EU-Vorstöße und die digitale Abhängigkeit Deutschlands

Worum geht es?

Der potenzielle Vorstoß der Europäischen Union, digitale Dienstleistungen mit Gegenzöllen zu belegen, könnte drastically Auswirkungen auf deutsche Unternehmen und deren Abhängigkeit von US-Hyperscalern haben. Diese Hypothese, die vom Geschäftsführer der Firma Prior1, Tobias von der Heydt, aufgestellt wird, beleuchtet die digitale Verwundbarkeit Deutschlands und die Risiken einer zu starken Abhängigkeit von Cloud-Diensten wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud. Von der Heydt stellt die hypothetische Frage, was passieren würde, wenn die zentralen Cloud-Infrastrukturen der USA plötzlich nicht mehr verfügbar wären. Ein Verlust oder eine drastische Verteuerung dieser Dienste würde Deutschland tief in den finanziellen und operationellen Abgrund führen. Er nennt spezifische Zahlen, um zu verdeutlichen, dass Deutschland ohne diese Cloud-Plattformen kurzfristig bis zu 1.200 Megawatt (MW) zusätzliche Rechenzentrumsleistung benötigt. Die fehlenden Kapazitäten würden Schätzungen zufolge bei 40 Exabyte liegen, was Milliarden von Euro an Investitionen und bemerkenswerte Zeit in Anspruch nehmen würde. Ein wesentlicher Punkt, den von der Heydt anführt, ist die bereits überlastete Infrastruktur in Deutschland. Während Frankfurt als führender Rechenzentrumsstandort in Europa gilt, mangelt es an ausreichenden Netzanschlusskapazitäten. 82 Prozent dieser Kapazitäten sind bereits ausgelastet, und die langwierigen Genehmigungsprozesse für neue Projekte stellen einen weiteren Wachstumsengpass dar. Diese Thematik der Abhängigkeit wird durch die Dominanz der US-Anbieter verstärkt, die etwa 65 bis 72 Prozent der europäischen Cloud-Kapazitäten kontrollieren und mehrheitlich für KI-Anwendungen verantwortlich sind. Zudem führt von der Heydt aus, dass nicht nur die Bereitstellung von Rechenleistung, sondern auch von wichtigen Diensten kritisch ist. Rund 80 bis 90 Prozent der KI-Recheninfrastruktur in Deutschland basiert auf US-Hyperscalern. Die Aussicht auf eine plötzliche Veränderung in der Verfügbarkeit oder den Kosten dieser Dienste kann somit nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für kritische Infrastrukturen in Sektoren wie Energie, Gesundheit und Finanzen katastrophale Konsequenzen haben. Um auf diese Herausforderungen zu reagieren, fordert von der Heydt ein Zusammenspiel zwischen Politik, Industrie und Energieversorgern, um die digitale Souveränität Deutschlands voranzutreiben. Dies könnte mit einer schnellen rechtlichen Einstufung von Rechenzentren als kritische Infrastruktur, beschleunigten Genehmigungsverfahren und einem umfassenden Strategieplan zur Verdichtung und Förderung von Cloud-Kapazitäten einhergehen.

Zusammenfassung

  • Ein möglicher Vorstoß der EU zu Gegenzöllen auf digitale Dienstleistungen könnte massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und deren Abhängigkeit von US-Cloud-Diensten haben.
  • Deutschland benötigt mindestens 1.200 MW zusätzliche Rechenzentrumsleistung und 40 Exabyte Speicher, um die Lücken bei einem Ausfall US-basierter Cloud-Dienste zu schließen.
  • Die Politik ist gefordert, digitale Souveränität durch rechtliche Maßnahmen und beschleunigte Genehmigungsverfahren zu unterstützen, um die Abhängigkeit von Hyperscalern zu reduzieren.

Was heißt das genau?

Für Tech-Interessierte ist dieses Thema besonders wichtig, da die digitale Souveränität eine strategische Notwendigkeit darstellt. Die Abhängigkeit von ausländischen Anbietern führt nicht nur zu potenziellen wirtschaftlichen Risiken, sondern auch zu kritischen Herausforderungen für Unternehmensabläufe und nationale Sicherheitsinteressen. Es ist entscheidend, dass Unternehmen ihre Abhängigkeiten analysieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um ihre IT-Strategien zu diversifizieren. Multi-Cloud-Strategien und die Migration kritischer Anwendungen zu europäischen Anbietern sind einige der Lösungen, die in Betracht gezogen werden sollten. Diese Diversifikation kann nicht nur als Sicherheitsmaßnahme, sondern auch als Wettbewerbsvorteil betrachtet werden. Der Aufbau einer robusten europäischen Cloud-Infrastruktur muss als langfristiges Ziel gefasst werden, um resiliente und technologisch unabhängige Systeme zu gewährleisten. Indem Unternehmen diese Herausforderungen intelligent angehen und proaktive Maßnahmen einleiten, können sie sich besser auf zukünftige Unsicherheiten vorbereiten und ihre digitale Resilienz stärken.

 
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Quelle


Diese Zusammenfassung basiert auf dem Beitrag Digitale Souveränität: Geht es auch ohne AWS und Co.?
Quelle: COMPUTERWOCHE startet mit neuem Web-Auftritt durch | Computerwoche
Thu, 10 Apr 2025 04:25:13 +0000
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